Mittwoch, 10. Dezember 2008

Ado im TV

Gestern und heute im rbb: Familie Altiok "tauscht ihr Leben" für eine Woche mit Spreewäldern aus Lübbenau. Die Absicht ist bestimmt eine gute: dem Brandenburger Landvolk zeigen, dass "die Türken" auch Menschen sind. Das wird ja wohl auch gelingen. Besagte Familie spricht deutsch, ist weltoffen, anpassungsfähig, lustig, nett und hat kluge Kinder, die aufs Gymnasium gehen (und - nebenbei gesagt - einen nicht nur sprachlich weitaus besseren Eindruck hinterlassen als ihre etwas prolligen Pendants, die durch die Feststellung glänzen: "Türken sind doch irgendwie Schmarotzer oder so.")Natürlich ist das Ganze eine große Inszenierung. Die Beteiligten handeln nach einem Drehbuch, das die Filmemacher sich so ausgedacht haben. Außerdem muss alles über die Bilder laufen, ist ja Fernsehen. Also schwenken die Geschwister etwas verschämt eine türkische Fahne und murmeln "Türkiye", um zu bebildern, dass sie sich als Türken fühlen. Also filmt man die Spreewälder in einem türkischen Supermarkt, wo sie die Etiketten nicht lesen können, um die Landnahme der Eingewanderten in Neukölln zu illustrieren. Restaurants, Straßenszenen, Fastenregeln - im Fazit ist das alles befremdlich, weil es (für die Brandenburger)nicht "deutsch" ist. Ich stelle mir vor, dass man die Spreewälder in einen "deutschen" Intellektuellenhaushalt (Bücherwände, Bauhausmöbel, Klavier, Espressomaschine) in Prenzlauer Berg (Kneipenszene, schräge Boutiquen, Bioläden, Schwule) versetzt hätte. Wie wären ihre Fremdheitsgefühle unter all diesen Deutschen gewesen?
Was ich meine: Diese Identitätsduselei nur über ethnische Faktoren herstellen zu wollen, ist falsch. In jeder nationalen Großgruppe gibt es unzähligen Subkulturen, die einander partiell fremd sind. Das Fremdheitsgefühl stellt sich natürlich verstärkt ein, wenn die Sprache nicht verstanden wird (dies zum Thema "Deutsch auf dem Schulhof"), es aber z.B. am Essen festmachen? Wie viele Deutsche essen heute noch Eisbein mit Sauerkraut, wie viele Pizza? Im Film wurden Schmorgurken und Auberginen gewählt, um die kulturelle Differenz zu verdeutlichen. Und angeblich nimmt sich der Spreewälder Gurken mit nach Berlin, weil er ohne nicht leben kann. Au weia, wer das glaubt! Und wer schon Auberginen nicht mag, identifiziert sich aber bestimmt mit Austern schlürfenden Landsleuten im Kadewe (unter der Bedingung, dass es deutsche Austern sind)!

Mittwoch, 26. November 2008

Gerechtigkeit

Es war einmal ein König, der fand, dass in seinem Reich alles drunter und drüber ging und niemand auf ihn hörte. Da beschloss er, dass er strenger mit seinen Untertanen umgehen müsse, und verkündete eine Reihe von neuen Gesetzen, auf deren Einhaltung er eifrig achtgab. Jeden noch so kleinen Verstoß gegen die neuen Regelungen unterband er schon im Vorfeld, obwohl seine Untertanen hier und da murrten und die Weisheit der königlichen Entscheidungen nicht so recht einsehen wollten.
Nun waren aber der Untertanen viele und einige derselben waren dem König durchaus ans Herz gewachsen. Wenn diese nun antichambrierten und um Entbindung von den geltenden Gesetzen baten, wiegte der weise König sein Haupt hin und her und sagte: "In deinem Fall will ich eine Ausnahme machen, aber erzähle den anderen nichts davon." Leider ließen die privilegierten Untertanen, wie es eben Menschen so tun, hier und da eine Bemerkung über die errungene Gunst fallen, so dass sie den anderen Untertanen zu Ohren kam. Nun murrten diese freilich noch mehr.
(Fortsetzung folgt)

Vorbei!




Unsere Schule verfügt jetzt über einen vorbildlichen Feuerschutz: kahle, verschmutzte Wände in den Fluren; provisorische Rigips-Wände; Raumtrennungen, die als Fluchtwege deklariert werden, und allerorts Schilder, auf denen steht: Diese Tür bitte immer geschlossen halten. Dafür haben wir aufgegeben: Infobretter mit aktuellen Zeitungsausschnitten, Fotoaushänge über AGs, Projekte, Reisen und Veranstaltungen, Kunstobjekte, die einen staunen ließen, und die Möglichkeit, schnell und unbürokratisch per Zettel Nachrichten weiterzugeben. All diese papiernen Objekte könnten Feuer fangen (oder angezündet werden) und auf den deklarierten Fluchtwegen verheerende Forlgen haben.
Ja, das muss dann wohl so sein! Aber es ist irgendwie auch ganz furchtbar, wie durch Bürokratisierung der Lebensraum Schule zwangsverödet. Wir schaffen jetzt Klemmrahmen an, um alles hinter (Plexi-)Glas zu sichern. Mal sehen, wie das im Endeffekt aussieht! Bleiben die Klassenräume, in denen alles so bleiben kann, wie es ist. Das sollte man dann auch weidlich ausnutzen. Her mit den Lernplakaten, Fotos vom Wandertag, Geburtstagskalendern und Fußballpostern! Und wehe, jemand treibt damit Unfug!

Donnerstag, 20. November 2008

Inspektion

Im Januar also kommt das Inspektionsteam in die ADO. Gestern hat es sich vorgestellt, das Verfahren erläutert, Dokumente eingefordert und Personen ausgelost. Man wolle einen Blick von außen auf die Schule werfen und ihre Stärken herausfinden (Schwächen etwa nicht?). Dazu dienen Unterrichtsbesuche von je 20 Minuten, Fragebögen für die gesamte Schüler-, Eltern- und Lehrerschaft (die aber nur ausgewertet werden, wenn jeweils 80% mitmachen), Einzel- und Gruppeninterviews mit den Beteiligten. Die Fragebögen und Kriterien sind vorher bekannt, insoweit gibt es keine Geheimniskrämerei. Man spielt mit offenen Karten. Das ist gut. Gut ist auch, dass wir, also sowohl Lehrerschaft als auch Institution,endlich einmal erfahren, was andere von uns halten. Einerseits... Andererseits ist man das ja nicht gewohnt. Unsereins bewertet und benotet nahezu täglich, wird aber äußerst selten selbst benotet. Wenn man sich um eine Funktionsstelle bewirbt, macht die Schulaufsicht bzw. neuerdings die Schulleitung eine dienstliche Beurteilung. Lustig daran ist allerdings, dass schon vorher feststeht, dass alle dieselbe Endnote bekommen (außer man ist völlig unfähig und steht kurz vor der Suspendierung). Die zweite Chance hat man bei Spickmich, aber da trauen sich die meisten gar nicht hin, angeblich aus prinzipiellen Gründen, vielleicht aber auch, weil sie Schiss haben? Ganz taffe Gestalten lassen sich ja von ihren Schülern regelmäßig ein Zeugnis ausstellen. Das gibt's sogar online irgendwo beim Senat und es ist sichergestellt, dass nur der Lehrer selbst und niemand sonst das Ergebnis der anonym eingegebenen Voten einsehen kann. Der Gedanke, einmal mit seinen ganzen Schwächen, Wissenslücken, säumigen Korrekturen, schlechtgelaunten Bemerkungen, ungerechten Noten und sonstigen pädagogischen Supergaus konfrontiert zu werden, hat nun wirklich nichts Anziehendes. Ich reiße mich auch nicht gerade darum. Dennoch muss ich sagen, dass ich einige persönliche Fortschritte in meiner erzieherischen Menschwerdung Bemerkungen zu verdanken habe, an denen ich zunächst einmal zu kauen hatte. Ein Beispiel für viele: Auf einem Elternabend (muss mindestens zwanzig Jahre her sein)klage ich wortreich über das unmögliche Verhalten der Klasse (Beispiele tun jetzt nichts zur Sache). Ein Vater: "Können Sie das Ganze nicht mal mit Humor nehmen?" Uff, das hat gesessen. Und nachhaltig gewirkt. Okay, an Herrn Heinecke bin ich nie herangekommen, aber ich arbeite dran! Zweites Beispiel (wenn man einmal anfängt, drüber nachzudenken...): ein Schlüsselerlebnis meiner ersten Wochen als Referendarin. Ich 25, die Schüler (3. Semester)18-20. Haben sich ein Spässchen daraus gemacht, mich nach Strich und Faden zu veräppeln, bis ich dann endlich einmal (nach vielen sanften "bitte, bitte" und "Könnten Sie nicht vielleicht Ihre Zeitung zusammenfalten und Ihre Füße vom Tisch nehmen?")ein bisschen lauter wurde. Befreites Grinsen: "Na, endlich gehen Sie mal etwas aus sich heraus!" Inzwischen kann ich sogar schreien, wenn Not am Mann ist, immer nach dem Motto: Wenn man schon der Alleinunterhalter ist, haben die Kinder auch ein Recht auf Emotionen. Schließlich gucken sie täglich Gerichtsshows. So, irgendwie bin ich jetzt vom Thema abgekommen...

Donnerstag, 30. Oktober 2008

Anderes Schulsystem

Die Herbstferien habe ich in Südfrankreich, genauer gesagt in Perpignan, bei Freunden verbracht, die ich bei meinem Lehreraustausch 1984 kennen gelernt habe. Pierre ist schon pensioniert, aber Françoise arbeitet noch als Deutschlehrerin an einem Lycée. Da bleiben Lehrergespräche undVergleiche nicht aus. Der Reformwahn macht auch vor Frankreich nicht Halt, wobei die Situation noch dadurch verschärft wird, dass es in kurzer Folge neue Erziehungsminister gibt, die jeweils eigene Duftmarken setzen wollen. Tiefgreifende Reformen, die mit Mehrarbeit oder Statusverschlechterungen der Lehrer einhergehen würden, sind in Frankreich schwer durchsetzbar, da die Lehrergewerkschaften stark sind und die Streikfreudigkeit der Kollegen bekannt ist. Da sind schon mal im Abiturjahrgang sechs Wochen Unterricht ausgefallen, woraufhin - so das Gerücht - die Bewertungskriterien "angepasst" wurden. Jedenfalls vermittelt man auch in Frankreich jetzt Kompetenzen - wie schön, dass die europäische Einigung so zügig voranschreitet. 70-80% eines Jahrgangs machen Abitur und haben damit die theoretische Studierfähigkeit, können sich auch an einer Uni einschreiben (kein Numerus Clausus), aber nach dem ersten Studienjahr wird gnadenlos gesiebt und die Schüler mit den "weichen" Leistungsfächern haben statistisch gesehen das Nachsehen, während die leistungsstarken Mathematiker durchkommen. Die besten Schüler gehen sowieso nicht auf die Uni, sondern besuchen zwei Jahre lang Aufbauklassen, um dann an einer Aufnahmeprüfung einer der Eliteschulen teilzunehmen. Werden sie dort aufgenommen, haben sie ausgesorgt.

Bisher haben alle französischen Lehrer, mit denen ich über das Thema gesprochen habe, dringend vor der Einheitsschule (bei uns jetzt "Gemeinschaftsschule") gewarnt und auch von dem Niveau eines Abiturs, das fast jeder besteht, kann man eigentlich nichts halten. Müssen wir in Deutschland unbedingt das nachmachen, was bei anderen nicht funktioniert?

Montag, 29. September 2008

Nord-Neukölln

BZ und Berliner Zeitung berichteten in der letzten Woche über das Buch einer Kollegin von der Albert-Schweitzer-Schule, in dem sie offenbar ihren gesammelten Frust aus mehreren Berufsjahren in Berlin zu Papier bringt. Frau Rogg ist Künstlerin, wie man leicht ergoogeln kann, und stammt aus Bayern. Beides erklärt sicher den Kulturschock, den sie erleiden musste, als sie nach Neukölln (N.-N.!) kam. Unerklärlich bleibt aber einerseits die Häme, mit der sie über ihre Ex-Kollegen herzieht ("Ein physisch und psychisch kaputtes Personal"), deren Namen, so hört man, sie so unzureichend verschlüsselt, dass jeder, der dieselben kennt, weiß, wer gemeint ist. Selbiges gilt für die Schüler, die - mehrheitlich mit Migrationshintergrund - ungezogen, aggressiv, intolerant, kurz unerträglich sind und noch als Abiturienten nicht richtig deutsch sprechen ("Gewalt und Sprachlosigkeit"). Frau Rogg fühlte sich als Lehrerin allein gelassen, da erst ihr 14. Umsetzungsgesuch positiv beschieden wurde. Nun sitzt sie an einem Gymnasium im Wedding, das nach Meinung einer Kollegin, deren Mann dort Jahrzehnte tätig war, kaum weniger Probleme haben dürfte, für die Autorin aber angeblich das Paradies ist. An all diesem stimmt so manches nachdenklich.
Natürlich hat man es mit bestimmten Fächern bei bestimmten Schülern nicht leicht, natürlich kann der Migrationshintergrund wie auch das "bildungsferne" Milieu Probleme bereiten, natürlich gibt es schwer erträgliche Kollegen. Aber diesen Verhältnissen ist man ja nicht nur passiv ausgeliefert, sondern man wirkt auch selbst an deren Gestaltung mit. Aus der Zeitungsberichterstattung ging nicht hervor, dass Frau Rogg ein im weitesten Sinne pädagogisches Selbstverständnis hätte, dass sie ihre Gestaltungsspielräume genutzt hätte.
Ich habe das Buch nicht gelesen und nicht die Absicht, es zu kaufen. Jedenfalls hat sich die werte Kollegin mit der Selbstinszenierung in der Öffentlichkeit keinen Gefallen getan. Möge Zehlendorf diese Gruselvorlage mit Gewinn lesen!

Samstag, 27. September 2008

Elternabend

Erster Elternabend in der neuen Klasse. 17 von 22 Schülern sind vertreten; das ist für eine 10. Klasse eine recht gute Bilanz. Und obwohl Ramadan ist und der Abend dem Fastenbrechen gewidmet, sind fast alle muslimischen Eltern da. Allerdings weiß ich gar nicht, ob sie auch tatsächlich fasten. Aleviten tun dies ja bekanntlich nicht, aber ich kenne meine Schüler noch nicht gut genug, um so genau über sie Bescheid zu wissen. Man wird ja sehen, wer am 30.9. beim Zuckerfest fehlt, vielleicht kann man da mal entsprechend nachfragen.
Die Eltern sitzen also, wie immer bei diesen Veranstaltungen, da, wo sonst die Schüler sitzen, und der Lehrer/die Lehrerin vorne. Die Redeanteile entsprechen einem klassischen Frontalunterricht, eher noch verschärftem Lehrer-Vortrag mit Zwischenfragen, meist Verständnisfragen. Selten einmal eine Forderung oder ein Kontra. Die Stimmung ist freundlich-reserviert. Ich bin ja die Neue. Versuche also, Vertrauen herzustellen: ein paar persönliche Bemerkungen, etwas Positives über die Klasse, vorsichtige Scherze, Pläne, Beruhigung im Hinblick auf die MSA-Prüfungen. Welchen Eindruck ich hinterlassen habe, weiß ich nicht. Am nächsten Tag frage ich die Klasse, was die Eltern erzählt haben. "Sie haben eine lustige E-Mail-Adresse." Das war alles. Immerhin!
Nachher noch mit zwei Kolleginnen beim Griechen einen Happen essen. Unterwegs stellen wir fest, dass in der Straße zwei neue Studentenkneipen aufgemacht haben. Das stimmt uns optimistisch: Neukölln im Wandel. Gemütliches Tratschen über die Situation an der Schule, den Wunsch nach Erneuerung, die Frustration über abgeschmetterte Initiativen. Das tut gut! Leider am Folgetag eine furchtbare Knoblauchfahne. Nie wieder Tsatsiki vor einem Schultag!

Dienstag, 9. September 2008

Von Schülern lernen

Man muss sich nur einmal neben am Computer arbeitende Schüler setzen - da vergeht einem Hören und Sehen. Mein erstes entsprechendes Erlebnis war der Filmschnitt mit i-movie, den Amir im Jahre 2002 mit unserem Wettbewerbsvideo "Les correspondants" hinlegte. Wie mühsam waren meine ersten Gehversuche auf diesem Terrain! Schon einfacher: kleine Tipps und Tricks, die ich mir so nebenbei erklären ließ, z.B. wie man einen ordentlichen --> macht (der dann in Word viel imposanter aussieht) oder einen :-) (dito). Heute also was von Torben gelernt, nämlich wie man bei "Google Texte und Tabellen" ebensolche im Internet speichern, zu Hause abrufen und bearbeiten oder sogar Schülern zugänglich machen kann. Leider wird man ja in letzter Zeit an allen Ecken und Enden vor der Spionagetätigkeit von Google gewarnt (auch diese Plattform gehört dem Giganten). Wie ernst soll man das nehmen? Wahr ist, dass Google allerlei interessante Dienste gratis anbietet. Ganz angetan bin ich z.B. von meinem Google-Reader, der mir täglich frische Zeitungsartikel aus dem Tagesspiegel und der FAZ sowie die Blogs von Vorbildern, Freunden und Bekannten anzeigt. Mit Hilfe von Firefox und Google habe ich mir auch meine eigene Startseite zusammengestellt, ohne Werbung und blinkenden Unsinn. Mich freut jeden Tag das aktuelle Zitat von zitate.online.de, heute z.B. Gutes Benehmen besteht darin, daß man verbirgt, wieviel man von sich selber hält und wie wenig von den anderen.“ (Jean Cocteau)

Sonntag, 7. September 2008

Die erste Woche

Kaum zu glauben, aber das neue Schuljahr ist erst eine Woche alt! Wir alle sind bei der dritten Stundenplanversion, die sicher nicht die letzte sein wird. Ich bin mit meiner auf 20 Stunden reduzierten Stelle in einer komfortablen Position: Montag und Mittwoch nur bis zur vierten Stunde, Dienstag sogar nur zwei Stunden. Nur Donnerstag und Freitag sind echte Arbeitstage. Dazu kommt, dass ich alle Schüler vom Vorjahr kenne und schätze. Die Kurse sind zahlenmäßig überschaubar, was relativ wenige Korrekturen bedeutet, und meine Klasse umfasst auch nur 22 Schüler, weil es in diesem Jahr wegen des Faches Ethik, das in den Schnellläuferklassen schon unterricht wird, in den Normalklassen noch nicht, keine Zusammenlegungen gab.
Also, bis jetzt erscheint alles überschau- und machbar.
In den Drittsemesterkursen heißt das Abiturthema "Naturlyrik". Mal sehen, ob es gelingt, dafür ein bisschen Interesse zu wecken. Inhaltlich werde ich den Schwerpunkt auf die Epoche der Romantik legen und neben der Lyrik von Eichendorff E.T.A. Hoffmann lesen.
Ansonsten arbeite ich weiter im Evaluationsteam (der Bericht an die Senatsschulverwaltung muss bis März fertig sein) und biete eine AG Theaterclub an. Vorbesprechung ist am nächsten Donnerstag.
Gespannt warten wir alle auf den Termin, an dem sich die Schulinspektion an der ADO einfinden wird. Noch gespannter bin ich auf das Ergebnis!

Donnerstag, 4. September 2008

Die Klasse

"Die Klasse" heißt der Film, der in diesem Jahr beim Filmfestival in Cannes die goldene Palme errungen hat. Auf französisch: "Entre les murs". Der Film basiert auf dem gleichnamigen Buch von F. Bégaudeau. Geschildert wird, in fiktionalisierter Form, ein Schuljahr in einer Pariser Klasse des 20. Arrondissements, Multikulti im Reinformat. Angesichts all der Lobeshymnen, die man über dieses Werk angestimmt hat, bin ich ein bisschen ratlos. Einerseits kennt man das alles ja, allerdings an der ADO in sehr abgemilderter Form: Schüler/innen mit Verständnis-problemen mangels Sprachbeherrschung, Motivationsmängel, ungebührliches Verhalten gegenüber Lehrern, gewalttätig ausgetragene Konflikte, Kulturdifferenz, ja und auch die Lehrerzimmergespräche könnten sich, setzt man eine gehörige Dosis an satirischer Zuspitzung hinzu, fast so an der ADO zugetragen haben. Außerdem habe ich bei dem Aachener Treffen mit den Schülern aus Clichy-sous-Bois auch gesehen, dass hier im Vergleich mit unseren Schülern größere Probleme im Hinblick auf Verhalten und Leistungsfähigkeit zu beobachten waren. Und dennoch: Zum einen erstaunt der Inhalt des Französischunterrichts, der offenbar fast ausschließlich auf Grammatik beruht, zum anderen die Sprachebene, die der geschätzte Kollege gegenüber seinen Schülern einnimmt. Ein kleiner Höhepunkt: Er vergleicht das Verhalten von kichernden Schülerinnen mit dem von "pétasses". Konflikte werden meist so gelöst, dass der Übeltäter mitsamt dem Lehrer zum Direktor geht oder aber eine sog. "Fiche incident" (etwa: einen Vorfallzettel)ausfüllt, der an denselben weitergereicht wird. Das führt dann bei gehäuften Verstößen zur Klassenkonferenz (na ja, wie bei uns) und mehrfach in einem Schuljahr zum Rauswurf eines Schülers aus der Schule (ist bei uns ein komplizierteres Verfahren). Okay, der Erzähler betrachtet sein eigenes Verhalten mit einer gewissen Selbstironie (Leitmotiv ist "J'avais mal dormi" - Ich hatte schlecht geschlafen) und er hat auch durchaus seine Verdienste. Mir gefällt trotzdem oft nicht sein Umgang mit den Schülern, z.B. dass er sie "veräppelt" (nein, das andere Wort ist hier tabu), wenn sie ein Wort der "Hochsprache"nicht verstehen. Manches scheint mir auch durchaus symptomatisch für das französische System zu sein. Vielleicht ist mir ja eine Bedeutungsebene des Ganzen entgangen? Jedenfalls fand ich die Schilderungen repetitiv und letztlich uninteressant.

Sonntag, 31. August 2008

Erziehung

Heute in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ein Interview mit einer amerikanischen, in Paris praktizierenden Psychoanalytikerin, Caroline Thompson. Ihr Buch "La violence d'amour" erscheint jetzt auf deutsch unter dem Titel "Die Tyrannei der Liebe". Es geht um Eltern und Kinder, Freiheit, Autorität und richtige Erziehungsprinzipien. Thompson stellt aufgrund der in ihrer Praxis gemachten Erfahrungen die These auf, dass in den heutigen Familien das Kind die "bestimmende Einheit" ist und dass Eltern sich nicht trauen, Autorität zu verkörpern. Es gebe die Idee, dass Glück und Freiheit des Kindes das Allerwichtigste seien und Autorität sich nicht begründen lasse. All das geht natürlich auf Rousseau zurück! Thompson plädiert dafür, Regeln vorzugeben, die nicht einengten, sondern Richtschnur seien. Das ist natürlich überhaupt nicht originell und neu und eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Dass aber gleichzeitig auf dem deutschen Buchmarkt der Titel "Warum unsere Kinder Tyrannen werden" von Michael Winterhoff, der ebenfalls praktizierender Psychotherapeut ist und grosso modo dieselben Erkenntnisse verbreitet, Furore macht, gibt einem doch zu denken.
Warum werden gerade jetzt Erkenntnisse veröffentlicht, die man schon länger hätte gewinnen können? Mein Lieblingsblogger, Kollege Rau aus München, findet Winterhoff unwissenschaftlich und undifferenziert. Mag sein, aber trotz etwas platter Ursachennalyse kann man die Schilderung der Alltagserfahrungen des Therapeuten, dem täglich ratlose Eltern ihre Kinder, mit denen sie nicht mehr fertig, werden, präsentieren, doch mit dem gleichen entsetzten Behagen lesen, mit dem man gelegentlich auch "Supernanny" guckt. Ich weiß, ich weiß... Aber hat die Frau mit ihren Prinzipien denn so ganz Unrecht? Komisch ist ja, dass es immer um dasselbe geht: Strukturen geben, konsequent sein usw. Dass das zumindest einem Teil der heute Erziehenden so schwer fällt!

Freitag, 29. August 2008

Hexenjagd

Gestern Abend bei der Generalprobe von Arthur Millers "Hexenjagd" in den Kammerspielen des Deutschen Theaters. Als Mitglied des "Freundeskreises" erhalte ich solche Einladungen regelmäßig, aber nur selten passen Datum und Uhrzeit. Gestern passte es eben. Beim Betreten des Theatersaals war man verwirrt, denn man sah rechts die Bühne und dahinter eine Zuschauertribüne, die sich langsam füllte. "Ist da ein Spiegel?", fragte mehr als eine(r). Es war aber kein Spiegel, sondern sozusagen ein zweiter, spiegelbildlich angeordneter Zuschauerraum. Die Bühne selbst sehr schmal, mit einer Dimension (Treppe) nach unten, auf der in einigen Szenen die Schauspieler heraufkamen. Das ganze Bühnenbild absolut reduziert und konsequent schwarz-weiß. Großartige Schauspieler, unglaubliches Stimmvolumen, Präsenz, Intensität. Über das Stück erfährt man einiges auf Wikipedia. Da mir die McCarthy-Ära eher fern liegt , fühlte ich mich stärker an die stalinistischen Schauprozesse erinnert, wie sie z.B. in Arthur Koestlerss "Sonnenfinsternis" beschrieben werden. Gruselig!
Auf jeden Fall möchte ich mit der AG "Theaterclub", falls sie zustande kommt, dieses Stück ansehen. Auch angesichts der großen Zahl an sehr jungen Schauspielerinnen, die z.T. Außerordentliches leisten, sowie des Phänomens der Massenhysterie und vieler anderer Aspekte müsste das etwas für Schüler/innen sein!

Donnerstag, 28. August 2008

Einstieg ins neue Schuljahr

Heute erste Vorbesprechung der erweiterten Schulleitung. Der morgige Kollegiumstag wurde vorbereitet. Schwerpunkt sollen die neue Schulordnung und die zu erwartende Inspektion sein.
Das Schulhaus blitzt und glänzt: Parkett wurde abgezogen und versiegelt, Fußböden nicht nur gewischt, sondern irgendwie poliert. "Bohnern" sagt ja heute kein Mensch mehr, ist als Verfahren wahrscheinlich auch nicht mehr aktuell. Oder gibt es (außer bei Manufactum) noch "Bohnerwachs"?