Donnerstag, 4. September 2008

Die Klasse

"Die Klasse" heißt der Film, der in diesem Jahr beim Filmfestival in Cannes die goldene Palme errungen hat. Auf französisch: "Entre les murs". Der Film basiert auf dem gleichnamigen Buch von F. Bégaudeau. Geschildert wird, in fiktionalisierter Form, ein Schuljahr in einer Pariser Klasse des 20. Arrondissements, Multikulti im Reinformat. Angesichts all der Lobeshymnen, die man über dieses Werk angestimmt hat, bin ich ein bisschen ratlos. Einerseits kennt man das alles ja, allerdings an der ADO in sehr abgemilderter Form: Schüler/innen mit Verständnis-problemen mangels Sprachbeherrschung, Motivationsmängel, ungebührliches Verhalten gegenüber Lehrern, gewalttätig ausgetragene Konflikte, Kulturdifferenz, ja und auch die Lehrerzimmergespräche könnten sich, setzt man eine gehörige Dosis an satirischer Zuspitzung hinzu, fast so an der ADO zugetragen haben. Außerdem habe ich bei dem Aachener Treffen mit den Schülern aus Clichy-sous-Bois auch gesehen, dass hier im Vergleich mit unseren Schülern größere Probleme im Hinblick auf Verhalten und Leistungsfähigkeit zu beobachten waren. Und dennoch: Zum einen erstaunt der Inhalt des Französischunterrichts, der offenbar fast ausschließlich auf Grammatik beruht, zum anderen die Sprachebene, die der geschätzte Kollege gegenüber seinen Schülern einnimmt. Ein kleiner Höhepunkt: Er vergleicht das Verhalten von kichernden Schülerinnen mit dem von "pétasses". Konflikte werden meist so gelöst, dass der Übeltäter mitsamt dem Lehrer zum Direktor geht oder aber eine sog. "Fiche incident" (etwa: einen Vorfallzettel)ausfüllt, der an denselben weitergereicht wird. Das führt dann bei gehäuften Verstößen zur Klassenkonferenz (na ja, wie bei uns) und mehrfach in einem Schuljahr zum Rauswurf eines Schülers aus der Schule (ist bei uns ein komplizierteres Verfahren). Okay, der Erzähler betrachtet sein eigenes Verhalten mit einer gewissen Selbstironie (Leitmotiv ist "J'avais mal dormi" - Ich hatte schlecht geschlafen) und er hat auch durchaus seine Verdienste. Mir gefällt trotzdem oft nicht sein Umgang mit den Schülern, z.B. dass er sie "veräppelt" (nein, das andere Wort ist hier tabu), wenn sie ein Wort der "Hochsprache"nicht verstehen. Manches scheint mir auch durchaus symptomatisch für das französische System zu sein. Vielleicht ist mir ja eine Bedeutungsebene des Ganzen entgangen? Jedenfalls fand ich die Schilderungen repetitiv und letztlich uninteressant.

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