Sonntag, 31. August 2008

Erziehung

Heute in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ein Interview mit einer amerikanischen, in Paris praktizierenden Psychoanalytikerin, Caroline Thompson. Ihr Buch "La violence d'amour" erscheint jetzt auf deutsch unter dem Titel "Die Tyrannei der Liebe". Es geht um Eltern und Kinder, Freiheit, Autorität und richtige Erziehungsprinzipien. Thompson stellt aufgrund der in ihrer Praxis gemachten Erfahrungen die These auf, dass in den heutigen Familien das Kind die "bestimmende Einheit" ist und dass Eltern sich nicht trauen, Autorität zu verkörpern. Es gebe die Idee, dass Glück und Freiheit des Kindes das Allerwichtigste seien und Autorität sich nicht begründen lasse. All das geht natürlich auf Rousseau zurück! Thompson plädiert dafür, Regeln vorzugeben, die nicht einengten, sondern Richtschnur seien. Das ist natürlich überhaupt nicht originell und neu und eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Dass aber gleichzeitig auf dem deutschen Buchmarkt der Titel "Warum unsere Kinder Tyrannen werden" von Michael Winterhoff, der ebenfalls praktizierender Psychotherapeut ist und grosso modo dieselben Erkenntnisse verbreitet, Furore macht, gibt einem doch zu denken.
Warum werden gerade jetzt Erkenntnisse veröffentlicht, die man schon länger hätte gewinnen können? Mein Lieblingsblogger, Kollege Rau aus München, findet Winterhoff unwissenschaftlich und undifferenziert. Mag sein, aber trotz etwas platter Ursachennalyse kann man die Schilderung der Alltagserfahrungen des Therapeuten, dem täglich ratlose Eltern ihre Kinder, mit denen sie nicht mehr fertig, werden, präsentieren, doch mit dem gleichen entsetzten Behagen lesen, mit dem man gelegentlich auch "Supernanny" guckt. Ich weiß, ich weiß... Aber hat die Frau mit ihren Prinzipien denn so ganz Unrecht? Komisch ist ja, dass es immer um dasselbe geht: Strukturen geben, konsequent sein usw. Dass das zumindest einem Teil der heute Erziehenden so schwer fällt!

Keine Kommentare: