Donnerstag, 26. Februar 2009

Nachtrag

Heute erfahre ich, dass das Beethoven-Gymnasium seinen Abiball im Estrel-Hotel feiert.Und wo liegt das? In NEUKÖLLN. Au weia, hoffentlich kommen alle wieder gut nach Hause.

Mittwoch, 25. Februar 2009

Sozialquote

Herr Zöllner möchte ein zweigliedriges Schulsystem einführen: das Gymnasium einerseits und die aus Haupt-, Real- und Gesamtschule fusionierte Sekundarschule andererseits. Ersteres soll nach zwölf Schuljahren zum Abitur führen, letzteres wie gehabt nach dreizehn, wenn die Schüler ein Abitur anstreben. Zudem soll ein Notendurchschnitt von 2,0 notwendig sein, um von der Grundschule zum Gymnasium wechseln zu können.
Protest allerorten! Die Eltern aus den so genannten bürgerlichen Schichten (Wo bitte ist hier ein Bürgertum?), also alle, die sich selbst nicht zur Unterschicht zählen, schnauben: Der Elternwille ist eine heilige Kuh. Ob mein Kind aufs Gymnasium geht oder nicht, kann immer noch ich Vater/Mutter am besten entscheiden.
Die Linke ist empört: Das Gymnasium wird zu elitär. Man fordert eine Sozialquote von 30%, will heißen, dass, egal in welchem Bezirk, eine gewisse Zahl von Kindern aus Harz IV-Familien aufgenommen werden soll. Und jetzt geht der Zirkus erst richtig los. Herr Harnischfeger, Schulleiter des Beethoven-Gymnasiums: "Kinder aus Neukölln würden sich an einer Schule mit anderer Sozialstruktur nicht wohl fühlen und sich auch nicht integrieren lassen." Aha, es gibt also eine Spezies "Kinder aus Neukölln". Ist das etwa ein Euphemismus für Türken/Araber? Die Argumentstruktur hat man früher zur Rechtfertigung der Apartheid verwendet:Schwarze würden sich an "weißen" Schulen nicht wohlfühlen, sie sollten doch lieber unter sich bleiben.Früher nannte man das einen rassistischen Standpunkt. Oder sind "Kinder aus Neukölln" primär arme Kinder, die den Dresscode der Zehlendorfer/Steglitzer nicht mitmachen können und sich deshalb unwohl fühlen würden? Befürwortet Herr Harnischfeger die angenommene Arroganz derer, die in ihrem eigenen Leben noch keinen Cent selbst verdient haben, aber sozusagen auf die Speckseite des Lebens gefallen sind? Gibt es auf der Beethoven-Schule nur Kinder von Besserverdienenden? Wohnen in Steglitz keine Taxifahrer, Putzfrauen, Friseurinnen und Briefträger?
30% Sozialquote würde auch bedeuten, dass ein Teil der o.g."Kinder aus Zehlendorf" sich zwecks Schulbesuch in andere Bezirke begeben müssten, und zwar womöglich mit der BVG. Die Folge: "Gewaltvorfälle, Vandalismusschäden und Klamotten-Abzieherei in den öffentlichen Verkehrsmitteln". Ich kenne zufällig junge Menschen, die in den besagten Bezirken wohnen und dortselbst überfallen und beraubt wurden. Also, lieber Herr Harnischfeger, eine derartige Ansammlung von undifferenzierten und diffamierenden Äußerungen aus Ihrem Munde ist doch ein starkes Stück.
Ich bin nicht blauäugig. Ich weiß, dass es Integrationsprobleme gibt, Gewalt auf der Straße und unterschiedliche gesellschaftliche Milieus. Neu ist mir allerdings der Gedanke, dass bestimmte gesellschaftliche Gruppen offen und ohne Scham ihre Selbstghettoisierung betreiben.
Und außerdem: "Kinder aus Neukölln" und teilweise sogar "mit Migrationshintergrund" haben an unserer Schule ein Abitur mit 1,0 oder 1,1 oder 1,2 gemacht. Die würde Herr H.aber alle nicht haben wollen. Unintegrierbar? Ich finde:unverschämt!
P.S. Ich bin ganz und gar nicht für diese Idee der Sozialquote, ärgere mich aber über die mit großer Selbstverständlichkeit von einem Gewerkschafter vorgetragenen Klischees. Das ganze Interview kann man nachlesen!

Mittwoch, 28. Januar 2009

Schülerzeitung

Die Berliner Morgenpost lässt nicht locker: Schon wieder ein Artikel über die Zensur an unserer Schule. Die Vorgeschichte hier von Anfang an zu rekapitulieren, würde zu weit führen. Tatsache ist: Die Schulleitung ließ sich die damalige Schülerzeitung "dürer!" zur Vorabkontrolle vorlegen, wozu sie nach dem auch in der Schule geltendem Recht auf Pressefreiheit nicht befugt ist. Die Folge (Preisverleihung und öffentliche Aussprache des Wortes "Zensur", Reaktion von Senator Zöllner, Schulwechsel der Redaktion) sind den Eingeweihten bekannt. Tatsache ist auch: Wir haben jetzt eine Schulzeitung, die zur Kontrolle der Schulleitung vorgelegt wird, welche wiederum presserechtlich verantwortlich zeichnet.Das ist nun auch nicht ohne Pikanterie, da weiterhin Artikel über Kollegen/Kolleginnen erscheinen, die nicht nur Schmeichelhaftes enthalten und die subjektive Wahrnehmung der Schülerschaft widerspiegeln. Und dafür ist dann die Schulleitung verantwortlich??! Dann weiß ich wenigstens, wo ich mich beschweren kann, wenn ich falsch zitiert werde (etwa mit: "Liebe Kinder, heute machen wir Drogen!"). Was mich an der ganzen Sache aber nun wirklich umhaut, ist ein Gespräch mit Schülern des Abiturjahrgangs, die diese "Zensur" (man könnte auch versöhnlicher "Vorabkontrolle" sagen)mit großem argumentatorischen Aufwand gutheißen und rechtfertigen. Detlev Meier wird sich im Grabe herumdrehen, der gute Staffelt nostalgisch das gelockte Haupt schütteln und Benjamin Christ wird die allernihilistischsten Kommentare über die Jugend von heute absondern. Mensch Leute, seid doch nicht so verdammt duckmäuserisch! Die Schülerzeitungen an unserer Schule (Pauke, AnAlphabeten und dürer! der 1./2./3.Generation) haben eine Tradition, und zwar zumindest teilweise eine kritische, satirische. Da gab es Redakteure, die sich nicht in die Hose gemacht haben, wenn es mal ein bisschen Stress gab. Okay, als Lehrer möchte man nicht unbedingt alle paar Wochen ängstlich darauf warten, ob man nun diesmal zur Zielscheibe des allgemeinen Spottes geworden ist. Aber war der "dürer!" so? Und das Argument, eine Mitschülerin habe man fertig machen wollen, und das allein rechtfertige die "Vorabkontrolle" - tut mit leid, irgendwie fällt es mir schwer zu glauben, dass diese Kritik so menschenverachtend war, wie sie jetzt im Zuge der Legendenbildung erscheint. Die Schulzeitung muss wieder zur Schülerzeitung werden! Wir machen uns ja lächerlich!

Inspektion (2)

Das große Los gezogen! Das Inspektionsteam hatte sich ja nach allen Regeln der Kunst angemeldet, sein Vorgehen erläutert usw. usw. Um die Untersuchungsinstrumente "zu kalibrieren" (whatever that means), wolle man mit der ganzen Truppe in der zweiten Unterrichtsstunde am Montag gemeinsam in eine Klasse gehen und dort einer vollständigen Stunde beiwohnen. Ich fühlte mich in der räumlichen Enge von Raum 402, wo schon die 22 Schüler und ich kaum Luft zum Atmen haben, geschweige denn gemütlich in der Klasse hin- und hergehen können, auf der sicheren Seite. Weit gefehlt! Quelle fatale illusion!(Ist 'ne Anspielung für Eingeweihte!)Schon auf meinem Weg über den Flur raunten die Kollegen, vor der Tür eine besorgte Schulleiterin, hinten in der Klasse die sechs Gestalten, schön eng mit Körperkontakt, wie die Hühner auf der Stange.
Schluck!Erfreulicherweise hatte ich allerdings einen bombensicheren Selbstläufer geplant: Schüler stellen Plakate über "Kabale und Liebe" vor. So konnte ich mich gepflegt an die Seite verfügen und der Sache gelassen zusehen. Und die Schüler waren Spitze! Ganz im Sinne des selbstorganisierten Lernens nahmen sie Sache in die Hand, redeten frei und flüssig und dazu auf hohem Niveau. Wenn das keine Pluspunkte gegeben hat! Später, beim Lehrergespräch am Nachmittag, fragte ich den großen Vorsitzenden, wie denn die Einzelstunden ausgewählt worden seien, und erhielt zur Antwort, das habe das Verwaltungspersonal nach dem Zufallsprinzip gemacht. Ich war dann jedenfalls am selben Tag nochmal dran: in der 7. Stunde im Grundkurs Französisch.Und das war's dann auch. Mal sehen, was dabei rauskommt.

Mittwoch, 10. Dezember 2008

Ado im TV

Gestern und heute im rbb: Familie Altiok "tauscht ihr Leben" für eine Woche mit Spreewäldern aus Lübbenau. Die Absicht ist bestimmt eine gute: dem Brandenburger Landvolk zeigen, dass "die Türken" auch Menschen sind. Das wird ja wohl auch gelingen. Besagte Familie spricht deutsch, ist weltoffen, anpassungsfähig, lustig, nett und hat kluge Kinder, die aufs Gymnasium gehen (und - nebenbei gesagt - einen nicht nur sprachlich weitaus besseren Eindruck hinterlassen als ihre etwas prolligen Pendants, die durch die Feststellung glänzen: "Türken sind doch irgendwie Schmarotzer oder so.")Natürlich ist das Ganze eine große Inszenierung. Die Beteiligten handeln nach einem Drehbuch, das die Filmemacher sich so ausgedacht haben. Außerdem muss alles über die Bilder laufen, ist ja Fernsehen. Also schwenken die Geschwister etwas verschämt eine türkische Fahne und murmeln "Türkiye", um zu bebildern, dass sie sich als Türken fühlen. Also filmt man die Spreewälder in einem türkischen Supermarkt, wo sie die Etiketten nicht lesen können, um die Landnahme der Eingewanderten in Neukölln zu illustrieren. Restaurants, Straßenszenen, Fastenregeln - im Fazit ist das alles befremdlich, weil es (für die Brandenburger)nicht "deutsch" ist. Ich stelle mir vor, dass man die Spreewälder in einen "deutschen" Intellektuellenhaushalt (Bücherwände, Bauhausmöbel, Klavier, Espressomaschine) in Prenzlauer Berg (Kneipenszene, schräge Boutiquen, Bioläden, Schwule) versetzt hätte. Wie wären ihre Fremdheitsgefühle unter all diesen Deutschen gewesen?
Was ich meine: Diese Identitätsduselei nur über ethnische Faktoren herstellen zu wollen, ist falsch. In jeder nationalen Großgruppe gibt es unzähligen Subkulturen, die einander partiell fremd sind. Das Fremdheitsgefühl stellt sich natürlich verstärkt ein, wenn die Sprache nicht verstanden wird (dies zum Thema "Deutsch auf dem Schulhof"), es aber z.B. am Essen festmachen? Wie viele Deutsche essen heute noch Eisbein mit Sauerkraut, wie viele Pizza? Im Film wurden Schmorgurken und Auberginen gewählt, um die kulturelle Differenz zu verdeutlichen. Und angeblich nimmt sich der Spreewälder Gurken mit nach Berlin, weil er ohne nicht leben kann. Au weia, wer das glaubt! Und wer schon Auberginen nicht mag, identifiziert sich aber bestimmt mit Austern schlürfenden Landsleuten im Kadewe (unter der Bedingung, dass es deutsche Austern sind)!

Mittwoch, 26. November 2008

Gerechtigkeit

Es war einmal ein König, der fand, dass in seinem Reich alles drunter und drüber ging und niemand auf ihn hörte. Da beschloss er, dass er strenger mit seinen Untertanen umgehen müsse, und verkündete eine Reihe von neuen Gesetzen, auf deren Einhaltung er eifrig achtgab. Jeden noch so kleinen Verstoß gegen die neuen Regelungen unterband er schon im Vorfeld, obwohl seine Untertanen hier und da murrten und die Weisheit der königlichen Entscheidungen nicht so recht einsehen wollten.
Nun waren aber der Untertanen viele und einige derselben waren dem König durchaus ans Herz gewachsen. Wenn diese nun antichambrierten und um Entbindung von den geltenden Gesetzen baten, wiegte der weise König sein Haupt hin und her und sagte: "In deinem Fall will ich eine Ausnahme machen, aber erzähle den anderen nichts davon." Leider ließen die privilegierten Untertanen, wie es eben Menschen so tun, hier und da eine Bemerkung über die errungene Gunst fallen, so dass sie den anderen Untertanen zu Ohren kam. Nun murrten diese freilich noch mehr.
(Fortsetzung folgt)

Vorbei!




Unsere Schule verfügt jetzt über einen vorbildlichen Feuerschutz: kahle, verschmutzte Wände in den Fluren; provisorische Rigips-Wände; Raumtrennungen, die als Fluchtwege deklariert werden, und allerorts Schilder, auf denen steht: Diese Tür bitte immer geschlossen halten. Dafür haben wir aufgegeben: Infobretter mit aktuellen Zeitungsausschnitten, Fotoaushänge über AGs, Projekte, Reisen und Veranstaltungen, Kunstobjekte, die einen staunen ließen, und die Möglichkeit, schnell und unbürokratisch per Zettel Nachrichten weiterzugeben. All diese papiernen Objekte könnten Feuer fangen (oder angezündet werden) und auf den deklarierten Fluchtwegen verheerende Forlgen haben.
Ja, das muss dann wohl so sein! Aber es ist irgendwie auch ganz furchtbar, wie durch Bürokratisierung der Lebensraum Schule zwangsverödet. Wir schaffen jetzt Klemmrahmen an, um alles hinter (Plexi-)Glas zu sichern. Mal sehen, wie das im Endeffekt aussieht! Bleiben die Klassenräume, in denen alles so bleiben kann, wie es ist. Das sollte man dann auch weidlich ausnutzen. Her mit den Lernplakaten, Fotos vom Wandertag, Geburtstagskalendern und Fußballpostern! Und wehe, jemand treibt damit Unfug!